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WELCHE VISION HABEN SIE FÜR MUGLER?
Mein Ziel ist es, rund um die Marke MUGLER eine neue Kultur zu schaffen, deren Ausgangspunkt ein multidisziplinärer Ansatz ist. Ich möchte MUGLER für Frauen jeden Alters, jeder Größe und jeder Hautfarbe öffnen – als Begleiter für alle Momente des Tages. Ich möchte die Menschen ankleiden, die mich inspirieren, und ich möchte, dass sie dieselbe Inspiration aus unserer Marke ziehen.
Außerdem möchte ich zum Geist des Gründers von MUGLER zurückkehren, denn Monsieur Mugler war jemand, der Risiken nicht scheute und seine Visionen auslebte. Jemand, der einem einzigartigen und unkonventionellen Universum Leben einhauchen konnte, ohne auf Trends und Vernunft zu hören. Das neue MUGLER sollte sich nicht nur auf die Ästhetik stützen, die Monsieur Mugler geschaffen hat – es muss nach vorne schauen. Aber es sollte auch nie aus den Augen verlieren, auf welch wundervolles Vermächtnis es sich stützen kann!
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WAS INSPIRIERT SIE ALS KREATIVDIREKTOR?
Meine Arbeit beginnt mit dem Stoff – da spricht vermutlich der Architekt in mir: Alles beginnt mit dem Material. Ich liebe es, neue Stoffe, Texturen und Farben zu sehen und zu entdecken.
Ich bin auch sehr kunstinteressiert und hoffe, dass das etwas ist, was ich mit meiner Arbeit bei MUGLER transportieren kann. Meine Einstellung zur Kunst ist sehr sinnlich, denn ich achte auf Texturen, Farben, die Kombination von Formen oder manchmal vor allem auf Bewegung und Performance. Auch die Innenarchitektur liebe ich. Ich lasse all diese Dinge über mich hinweg fluten, verdaue sie und integriere sie in meinen kreativen Prozess. Ich muss mein Gehirn füttern, damit ich neue Dinge gestalten kann.
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WOFÜR STEHEN SIE ALS DESIGNER UND ALS MENSCH?
WELCHE ROLLE MÖCHTEN SIE IN UNSERER HEUTIGEN GESELLSCHAFT SPIELEN?
Als Mensch und als Designer stehe ich für Gleichberechtigung, für die Förderung von Vielfalt, für Individualität und für den Schutz der Umwelt.
Mein Leben ist privilegiert verlaufen – mir sind viele Härten erspart geblieben, mit denen andere Menschen zu kämpfen haben. Ich kann daher nur versuchen, andere Blickwinkel zu verstehen. Aus diesem Grunde ist mir Empathie sehr wichtig. Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen, der wir lauschen sollten.
Ich bewundere neue Technologien, die Probleme für die Umwelt lösen. Tesla etwa hat mich von Anfang an fasziniert – diese Vision, moderne, hochtechnologisierte und exzellent designte Autos anzubieten, die mit sauberer Energie laufen. Ich habe sogar Aktien gekauft, als sie auf den Markt kamen. Leider nicht genug (lacht). Auch bei MUGLER wird sehr auf die Umwelt geachtet: in den Stoffen die wir verwenden, bei der Art der Fasern … ich denke, wir als Marke sollten die Quellen unserer Stoffe kennen. Leder und Pelz sind ebenfalls ein Thema. Ich hoffe, dass uns die Technologien irgendwann eine Alternative zum Leder bieten können, und Pelz verwende ich überhaupt nicht, mit Ausnahme von Lammfell, denn die Lämmer werden zumindest nicht nur für diesen Zweck geschlachtet. Aber wir werden in keiner Kollektion mit Nerz oder Fuchspelz arbeiten.
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WIE VERLIEF IHR ERSTER KONTAKT MIT DER MARKE MUGLER?
Am Anfang standen vermutlich die MUGLER-Modenschauen, die ich im Fernsehen gesehen habe, oder George Michaels Video „Too Funky“. Ich bin in einer kleinen Stadt in New Hampshire aufgewachsen, da war MTV mein Fenster zur weiten Welt. Eine solche MUGLER-Modenschau war eine ganz andere Welt als die, in der ich lebte. Das war für mich so aufregend – ich wollte unbedingt dort dabei sein.
Ich habe schon immer eine Vorliebe für Kleidung mit einer formenden und architektonischen Dimension gehabt, deshalb hat es mich auch schon immer fasziniert, wie MUGLER und andere Designer Kleider gestaltet haben. Auch Alaïa oder Narciso sind dafür gute Beispiele.
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WAS DENKEN SIE ÜBER DAS VERMÄCHTNIS VON MUGLER?
Natürlich ist es sehr berührend, Zugang zu den 6000 Stücken zu haben, die sich im Archiv befinden. Es herrscht niemals ein Mangel an dieser Inspiration, die man aus dem Archiv ziehen kann, und sie ist so stark und über jeden Zweifel erhaben, dass es schlicht ein Luxus ist, diese Stücke studieren zu können. Selbst zu sehen, wie er mit Formen, Farben und Materialien gearbeitet hat, ist unglaublich interessant.
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WAS IST IHR GRÖSSTER TRAUM?
Ich arbeite zum ersten Mal als Kreativdirektor, und es ist einfach wunderbar, auf der MUGLER-Plattform endlich das tun zu können, was ich tun wollte. Ich möchte Kleider für all die Frauen erschaffen, die mich inspirieren. Dass ich die Chance habe, mitzuerleben, wie diese Dinge wirklich auf der Straße getragen werden, macht mich demütig.
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WOLLTEN SIE IMMER EIN DESIGNER WERDEN?
Ich wollte immer Dinge gestalten, aber nicht notwendigerweise Kleidung.
Anfangs interessierte ich mich sehr für Edelsteine. Ich habe sogar einige Jahre lang in einem Juweliergeschäft gearbeitet, das in unserer Nähe lag, und dort alles über Schmuck gelernt.
Danach faszinierten mich Markennamen. Ich wollte Autos entwerfen – ich hatte die Idee, meine eigene Automarke zu gestalten, mit Logo und allem Drum und Dran. Anschließend wechselte ich zu Gebäuden. Ich habe 5 Jahre lang an der Cornell studiert, um Architekt zu werden. Ein Freund von mir, der bei Marc Jacobs arbeitete, erzählte mir dann, dass dort eine Praktikantenstelle frei sei, und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Für mich ist das alles dasselbe. Es geht darum, bedeutungsvolle Dinge zu kreieren und anzufertigen.
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WAS IST IHRE GRÖSSTE LEIDENSCHAFT?
Techno-Musik! Bringen Sie mich auf die Tanzfläche und ich werde für den Rest der Nacht nicht mehr von dort wegkommen (lacht).